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Beschluss der 97. Vollversammlung 2024
Beschluss der 95. Vollversammlung 2022
07.05.2022
Schleswig-Holstein jugendgerecht gestalten – jugendpolitische Forderungen zur Landtagswahl am 8. Mai 2022
Junge Menschen sind die Zukunft. Sie sind das Wertvollste, das eine Gesellschaft hat. Die 95. Vollversammlung des Landesjugendrings Schleswig-Holstein fordert die neu gewählte Landesregierung auf, Jugendgerechtigkeit zu einem ihrer Kernziele zu machen. Junge Menschen haben in der Corona-Zeit am meisten zurückstecken müssen. Die kommende Legislaturperiode muss dazu genutzt werden, jungen Menschen die richtigen Rahmenbedingungen für ihr Aufwachsen zu geben.
1. Einführung eines außerschulischen Aktivierungsprogramms
Nach dem Erscheinen mehrerer entsprechender Studien[1] gibt es keine Zweifel mehr an den psychosozialen Folgen der Corona-Pandemie für Kinder und Jugendliche. Insbesondere belastete junge Menschen benötigen eine ausreichende Anzahl Unterstützungsangebote, um ohne Wartezeiten und mit niedrigschwelligem Zugang (z.B. über Angebote in Schulen) Hilfe erhalten zu können. Kinder und Jugendliche benötigen Begegnungen und geschützte Räume, um soziale Sicherheit in der Peergroup zu gewinnen, eigene Fähigkeiten und Interessen zu entdecken und sich vom Elternhaus zu lösen. Den vielfältigen außerschulischen Angeboten der Jugendarbeit, insbesondere Gruppenstunden, Ferienfreizeiten und anderen Maßnahmen der Jugenderholung, kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Jetzt ist daher der richtige Zeitpunkt, den Stellenwert von Jugendarbeit zu stärken, ihre Rolle auch bei der Prävention von psychosozialen Problemen anzuerkennen und praxisgerechte Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass Jugendarbeit in Schleswig-Holstein mittel- und langfristig allen jungen Menschen ein angemessenes Angebot machen kann.
Anerkennung und Wertschätzung
Ebenso wie viele Kinder und Jugendliche haben sich ehren- und hauptamtliche Mitarbeiter*innen der Jugendarbeit in der Corona-Zeit wenig gehört und wahrgenommen gefühlt, obwohl Vereine, Einrichtungen der Offenen Jugendarbeit, Mädchentreffs und Jugendringe große Belastungen ausgesetzt waren, z.B. durch die Unterstützung von Kindern und Jugendlichen in Bereichen, die nicht originär Aufgabe der Jugendarbeit sind, und die Umsetzung von Hygienebestimmungen, die teilweise nicht mit dem Auftrag von Jugendarbeit vereinbar waren. Wertschätzung der Arbeit, die sich vor allem in konkreten Verbesserungen der Rahmenbedingungen zeigt, ist daher für die Motivation der Engagierten auf dem Weg aus Corona besonders wichtig.
Unterstützung der landesweiten Jugendverbandsarbeit
Jugendverbandsarbeit steht häufig nicht im Zentrum der politischen Aufmerksamkeit, weil sie in freier Trägerschaft und selbstorganisiert stattfindet und vergleichsweise geringe öffentliche Mittel in Anspruch nimmt. Dabei tragen die Jugendverbände in SH mit 500.000 Mitgliedern, als größten Anbietern von Freizeit- und Erholungsmaßnahmen für Kinder und Jugendliche, als Werkstätten der Demokratie, als Bildungs- und Erfahrungsraum und mit den Jugendringen als Interessenvertretung von Kindern und Jugendlichen ein hohes gesellschaftliches Gewicht. Die Corona-Pandemie hat nun dazu geführt, dass das selbst nachwuchsgenerierende System der Jugendverbände gestoppt wurde. Beispiele dafür sind die Halbierung der Anzahl beantragter Jugendleiter*innencards und der Anzahl von Ferienfreizeiten im Vergleich von 2021 zu 2019. Jugendverbände brauchen jetzt Unterstützung, um Strukturen wiederaufbauen, Jugendleiter*innen ausbilden, Mitglieder gewinnen und Angebote für möglichst viele Kinder und Jugendliche machen zu können. Nur mit dieser Unterstützung werden sie mittel- und langfristig ein wichtiger Pfeiler gesellschaftlichen Engagements bleiben können. Der Landesjugendring fordert von der neuen Regierung
Investitionspaket für die Infrastruktur der Jugendarbeit
Die bauliche Infrastruktur und der Investitionsbedarf in Jugend(freizeit)stätten wurde in den letzten Jahren stark vernachlässigt. Dies zeigt sich inzwischen an Gebäuden, die z.T. einen erheblichen Investitionsstau haben und für jugendgerechte Arbeit nicht mehr geeignet sind. Hinzukommt, dass durch die Corona-Krise angesparte Rücklagen verbraucht wurden, den Trägern nicht mehr für Maßnahmen zur Verfügung stehen und in absehbarer Zeit nicht wiederaufgebaut werden können. Um die Schließung von für die Jugendarbeit notwendigen Einrichtungen zu vermeiden, fordert der Landesjugendring das Land daher auf, ein Investitionspaket insbesondere für Jugendunterkünfte und Zeltplätze sowie auch für andere Stätten der Jugendarbeit wie Jugendzentren und Vereinsheime zu schaffen, um
Die Haushaltstitel für Investitionen in Jugendstätten und Jugendherbergen müssen kurzfristig um 1 Mio € aufgestockt werden und der notwenige Eigenanteil der Antragstellenden auf 20% begrenzt werden.
Wirkungsvolle Unterstützung des ehrenamtlichen Engagements in der Jugendarbeit
Ehrenamtliches Engagement lebt größtenteils vom Miteinander und von der Freude an der jeweiligen Aufgabe. Insbesondere rechtliche und bürokratische Vorgaben schränken die Motivation von Ehrenamtlichen ein. In der Corona-Zeit sind viele Engagierte weggebrochen, weil sie die Bindung an ihr Ehrenamt verloren haben oder weil sie aus finanziellen oder anderen Gründen keine Kapazitäten mehr für ihr Engagement hatten. Zur Stärkung des ehrenamtlichen Engagements ist Wertschätzung wichtig, noch wichtiger sind konkret spürbare Maßnahmen. Der Landesjugendring fordert daher
Die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen und die umfassenden Rechte der UN-Kinderrechtskonvention wurden während der Corona-Pandemie nicht durchgängig gewahrt. Jetzt und künftig muss dafür gesorgt werden, dass die Bedürfnisse der jungen Menschen, von denen viele noch nicht wahlberechtigt sind, durchgängig in den Blick genommen werden.
Jugendcheck
Der Landesjugendring fordert einen Jugendcheck auf Landesebene, der als Prüf- und Sensibilisierungsinstrument dafür Sorge trägt, Auswirkungen auf junge Menschen bereits im Gesetzgebungsverfahren anzuzeigen. Dazu fordert der Landesjugendring
Beteiligungsrechte
Der Landesjugendring sieht die Erfahrungen in der Corona-Krise als Zeichen für eine mangelhafte Verankerung von Kinder- und Jugendbeteiligung in Schleswig-Holstein und fordert Politik und Verwaltung auf, Jugendbeteiligung auf allen Ebenen auszubauen und die notwendigen Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Jugendbeteiligung funktioniert u.a. dann, wenn sie lebensweltbezogen ist, von den Interessen der Jugendlichen ausgeht, Macht abgibt und größtmögliche Selbstbestimmung ermöglicht. Der Landesjugendring fordert
Schule
Corona hat einmal mehr gezeigt, dass Kinder und Jugendliche für ein gesundes Aufwachsen Freiräume, Sozialkontakte und unbelastete Zeiten benötigen. Auf dem Weg aus Corona muss der Fokus daher vor allem auf soziale Bedürfnisse, nicht formale Lernanforderungen gelegt werden. Der Landesjugendring fordert
Ausbildung
Alle Jugendlichen müssen die Möglichkeit haben, im Anschluss an die Schule einen Ausbildungs- und Arbeitsplatz zu wählen, der ihren Interessen entspricht. Durch Corona darf es keine Nachteile bei der Aufnahme einer Ausbildung geben. Des Weiteren fordert der Landesjugendring
Rahmenbedingungen für ein gutes Aufwachsen
Junge Menschen sind diejenigen, die mit politischen Entscheidungen von heute am längsten leben müssen. Über die Bewältigung der Corona-Folgen hinaus fordert der Landesjugendring die Landesregierung daher auf, die richtigen Rahmenbedingungen für ein gutes Aufwachsen zu schaffen und
Der Landesjugendring fordert die demokratischen Parteien im Landtag auf, die Forderungen in der kommenden Legislaturperiode umzusetzen und bereits im Koalitionsvertrag zu berücksichtigen.
[1] Vgl. z.B. die COPSY-Studien des UKE Hamburg mit verschiedenen Befragungswellen, https://www.uke.de/kliniken-institute/kliniken/kinder-und-jugendpsychiatrie-psychotherapie-und-psychosomatik/forschung/arbeitsgruppen/child-public-health/forschung/copsy-studie.html, abgerufen am 28.02.22.
2Vgl. „ÖPNV in SH jugendgerecht ausbauen“, Beschluss der 94. Vollversammlung des LJR SH 2021 und „Für ein kostenloses landesweites Jugend-Ticket“, Beschluss des Hauptausschusses des Landesjugendrings vom 3.09.19, https://www.ljrsh.de/positionen/.
Beschluss als pdf: Schleswig-Holstein jugendgerecht gestalten – jugendpolitische Forderungen zur Landtagswahl am 8. Mai 2022